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Die zukünftigen Vorschriften zum Cloud-Switching im Data Act lassen viele Fragen offen!

Autorin: Dr. Alin Seegel

Die EU-Institutionen haben am 27. Juni 2023 eine politische Einigung über das Datengesetz (sog. Data Act) getroffen. Am 9. November 2023 wurde der Data Act vom Europäischen Parlament angenommen. Nun muss noch der Rat zustimmen. Seit dem 9. November 2023 liegt eine konsolidierte Fassung in deutscher Sprache vor, abrufbar unter: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2023-0385_DE.pdf  

Insbesondere die neuen IoT-Datenbereitstellungspflichten (Kapitel I. bis V. des Data Act-E) haben umfangreiche Diskussionen ausgelöst. Um die neuen Vorschriften zum „Cloud-Switching“ (Kapitel VI. des Darta Act-E, Artt. 23 ff.), die auch enorme Auswirkungen auf Anbieter von Datenverarbeitungsdiensten haben werden, blieb es dagegen eher ruhig; detaillierte und vertiefte Auseinandersetzungen mit den neuen Vorschriften zum „Cloud-Switching“ sind rar bzw. nicht (öffentlich) vorhanden. Das, obwohl die Artt. 23 ff. Data Act-E in der Version der konsolidierten Fassung vom 9.11.2023 bereits einige Fragen in dogmatischer Hinsicht für die Rechtsanwender aufwerfen:

Verlangen statt Kündigung

Die Vorschriften zum „Cloud-Switching“ (Art. 23 ff. Data-Act-E) setzen keine Kündigung des Kunden mehr voraus, um den Wechselprozess einzuleiten. Es bedarf vielmehr nur noch ein (vertraglich festzulegendes) Verlangen des Kunden zu wechseln, vgl. Art. 25 Abs. 2 a) Data-Act-E:

Klauseln, die es dem Kunden ermöglichen, auf Verlangen zu einem Datenverarbeitungsdienst zu wechseln, der von einem anderen Anbieter von Datenverarbeitungsdiensten angeboten wird, oder alle []“   

Vertragsende

Gem. Art. 25 Abs. 2 c) Data-Act-E sind vertragliche Klauseln festzulegen, dass erst ein erfolgreicher Wechsel zur Beendigung des Vertrages kraft Gesetzes führt.

Verhältnis zu vertraglichen Kündigungsrechten?

Mit Blick auf die beiden vorstehenden Feststellungen ist ungeklärt, in welchem rechtlichen Verhältnis das „Wechselverlangen des Kunden“ und die Beendigung des Vertrages kraft Gesetzes zu einem etwaigen (auch) im Vertrag vorgesehenen Kündigungsrecht für diesen Fall stehen. Hat das zur Folge, dass ein im Vertrag vorgesehenes Kündigungsrecht damit unwirksam ist bzw. ein Wechsel („Cloud-Switching“) nicht mehr im Wege eines Kündigungsrechts in einen Vertrag Eingang finden kann? Was ist, wenn der Kunde aufgrund seines Wechselwunsches kündigt und nicht „nur“ ein „Wechselverlangen“ äußert?

Kündigungsrecht des Kunden

Wenn lediglich ein vertraglich vereinbartes Wechselverlangen zu einer Beendigung des Vertrages kraft Gesetzes (etwa nach erfolgreichem Wechsel) führen soll, ist nicht nachvollziehbar, weshalb Art. 23 a) Data-Act-E ausdrücklich klarstellt, dass der Kunde durch die genannten Hindernisse nicht daran gehindert werden darf, zu kündigen. 

Erfolgreicher Wechsel?

Wenn ein erfolgreiches Switching zur Beendigung des Vertrags kraft Gesetzes führen kann, geht hiermit einher, dass der Zeitpunkt für das Vertragsende unklar ist:

  • Kriterien: Woran bemisst sich das erfolgreiche Switching?
  • Zeitpunkt: Was ist, wenn noch ein Datensatz nicht portiert wurde, man das aber vielleicht erst später feststellt?

Fristbeginn

Fängt die “maximum notice period for initiation of the switching process”/ „maximale Kündigungsfrist für die Einleitung des Wechsels“ (höchstens 2 Monate gem. Art. 25 Abs. 2 d) Data-Act-E) mit dem Verlangen des Kunden zu wechseln (siehe Pkt. 1. oben) an zu laufen? Kann das „Wechselverlangen“ im Vertrag an die Einhaltung einer bestimmten Form (etwa Textform) geknüpft werden?

Vertragliche Form

Art. 25 Abs. 1 Data-Act-E verlangt:

Die Rechte des Kunden und die Pflichten des Anbieters von Datenverarbeitungsdiensten in Bezug auf den Wechsel zwischen Anbietern solcher Dienste oder gegebenenfalls zu einer IKT-Infrastruktur in eigenen Räumlichkeiten werden eindeutig in einem schriftlichen Vertrag festgelegt. […]“

Meint “eindeutig in einem schriftlichen Vertrag festlegen” (auch) „Textform“ also auch elektronische Form?

Hierfür mag Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Data Act-E sprechen. Dies erscheint indes nicht zwingend, weil die (elektronische) Bereitstellung ja gerade „vor der Vertragsunterzeichnung“ gefordert wird, was nicht ausschließt, dass das dann zu unterzeichnende Exemplar Schriftform haben muss.

Kann hier Art. 28 Abs. 9 DSGVO herangezogen werden?

Dort wird bestimmt, dass der Auftragsverarbeitungsvertrag schriftlich abzufassen ist; was aber auch in elektronischer Form erfolgen kann.