Autoren: Dr. Carsten Siara, Sarah Klich
Im September 2022 hatte Amazon die Preise für den Dienst Amazon Prime von 69,00 € auf 89,90 € pro Jahr (bei monatlicher Zahlung von 7,99 € auf 8,99 €) erhöht. Diese Preiserhöhung sei rechtswidrig gewesen, entschied nun das LG Düsseldorf in seinem Urteil vom 15.01.2025 (Az.: 12 O 293/22).
Geklagt hatte die Verbraucherzentrale NRW, die die Preiserhöhungsklausel in den an den Verbraucher adressierten „Amazon Prime-Teilnahmebedingungen“ für nichtig hielt. In der beanstandeten Klausel 5.2 in den AGB hieß es: „Wir sind berechtigt, die Mitgliedsgebühr nach billigem Ermessen und sachdienlich gerechtfertigten sowie objektiven Kriterien anzupassen.“ Die Klausel hatte als Gründe unter anderem Inflation und Steuererhöhungen angeführt. Ausschlaggebend war in dem Streit die Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.
Der Inhalt im Überblick
TogglePreisanpassungsklausel
Bei der streitgegenständlichen Klausel handelte es sich um eine Preisanpassungsklausel in Form einer Leistungsvorbehaltsklausel. Eine Leistungsvorbehaltsklausel (auch Preisvorbehaltsklausel genannt) erlaubt es dem Verwender, Preise nach billigem Ermessen anzupassen. Abzugrenzen ist dies von sog. Spannungsklauseln, die eine Preisanpassung von der Veränderung vergleichbarer Preise abhängig machen und Kostenelementeklauseln, bei denen es auf die Veränderung einzelner, genau aufgeführter Kostenbestandteile ankommt.
Eine Leistungsvorbehaltsklausel ist gemessen an § 307 Abs. 1 BGB nur zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse des Verwenders besteht und sowohl Anlass, Voraussetzungen als auch Umfang des Leistungsbestimmungsrechts so hinreichend konkretisiert sind, dass der Verbraucher eine Entgeltänderung vorhersehen kann.
Unangemessene Benachteiligung
Vorliegend sah das Landgericht das berechtigte Interesse der Beklagten an der Preisanpassungsklauseln nicht als gegeben und nimmt daher eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB an. Zwar bestehe bei Dauerschuldverhältnissen ein berechtigtes Interesse, eine Preisanpassung an geänderte Kosten vorzunehmen, hier sei dieses Interesse allerdings nicht hinreichend konkretisiert worden. Das Vertragsverhältnis sei mit einer 14 Tage – Frist flexibel kündbar gewesen. Amazon habe demnach die Möglichkeit einer kurzfristigen Änderungskündigung gehabt. Eine solche wäre auch keine unverhältnismäßige Belastung gewesen, da in diesem Geschäftsmodell kurzfristige Kalkulationen bei schwankenden
Nutzerzahlen üblich seien. Die Beklagte habe sich nicht zu Lasten der Vertragspartner von dem Risiko befreien dürfen, sich mit einem neuen Angebot dem Wettbewerb stellen zu müssen, so das Landgericht.
Transparenzgebot
Darüber hinaus stellte das Gericht einen Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB fest. So habe die angegriffene Klausel das Kriterium der „Inflation oder Deflation“ ohne konkrete Bezugsgrößen oder Gewichtung angeführt. Verbraucher könnten derartige Preisanpassungen weder nachvollziehen noch auf Plausibilität prüfen. Durch die Komplexität des Angebots sei dies dem Verbraucher zusätzlich erschwert gewesen.
Zustimmungsfiktion
Weiterhin rügte die Verbraucherzentrale auch die Klausel 5.3 der Teilnahmebedingungen, welche eine Zustimmungsfiktion für Preisanpassungen vorgesehen habe. Deren Wirksamkeit war mit der Klage nicht direkt gerügt worden. Wäre die Klausel direkt angegriffen worden, hätte sie auf die Angemessenheit der Frist und den deutlichen Hinweis auf die Zustimmungsfiktion geprüft werden müssen. Das Gericht betont jedoch, dass selbst eine unterstellte Wirksamkeit der Zustimmungsfiktion nicht über die mangelnde Transparenz und unberechtigte Benachteiligung in der streitgegenständlichen Preiserhöhungsklausel hinweghelfen könne.
Die Verbraucherzentrale will nun eine Sammelklage anstrengen mit dem Ziel, dass Amazon den Kunden die Mehrkosten zurückzuzahlen hat. Amazon hingegen prüft, ob es gegen das erstinstanzliche Urteil des LG Düsseldorf vorgeht. Das Urteil ist bislang noch nicht rechtskräftig.